Blog
In unserem Blog tauchen wir in die Welt des Marketings, der Marktforschung und der Psychologie ein. Hier finden Sie fesselnde Artikel, in denen wir nicht nur auf die neuesten Trends und Entwicklungen eingehen, sondern auch tiefe Einblicke in die Hintergründe unserer Studien und persönlichen Erfahrungen geben.
Unsere Beiträge sind vielfältig – mal nachdenklich und reflektierend, um Ihnen neue Perspektiven zu eröffnen, mal mit einer Prise Humor, um den oft komplexen Themen eine leichtere Note zu verleihen.
Begleiten Sie uns auf dieser Entdeckungsreise, auf der wir nicht nur informative Inhalte bieten, sondern auch die menschliche Seite hinter den Zahlen und Forschungsergebnissen beleuchten. Denn bei allem, was wir tun, steht der Austausch von Wissen und die Freude an neuen Erkenntnissen im Mittelpunkt.
Im ersten Artikel widmen wir uns dem Thema "Zuhören", da diese Kompetenz die Basis für unsere Arbeit ist.
Aktives Zuhören in lauten Zeiten: Erfahrungen aus der Marktforschung und Tipps für tiefe Verbindungen.
Wir leben in einer Zeit der Reizüberflutung. Laut Studien brassen täglich 5.000-13.000 Werbebotschaften auf uns ein. Wir verbringen 73 Minuten durchschnittlich in sozialen Medien.
Die dauernde Beschallung durch äußere Reize hat einen Einfluss auf unsere Kompetenz des aktiven Zuhörens. Wie Studien belegen, fällt es uns dadurch schwerer, unserem Gegenüber zuzuhören. Denn unsere Konzentrationsfähigkeit ist dementsprechend geringer.
Andererseits leben wir in einer Gesellschaft, in der psychische Erkrankungen stark zunehmen. Eine Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang stelle, ist, inwiefern die mangelnde Fähigkeit des aktiven Zuhörens, einen Einfluss auf diese Entwicklung hat. Denn aktives Zuhören vermittelt dem Gegenüber sich mit den erwähnten Themen und Problemen auseinanderzusetzen. Es gibt dem Sprecher das Gefühl, dass sich jemand für ihn und seine Welt interessiert. Dabei erwartet der Sprecher nicht, dass der Zuhörer fundierte Lösungsvorschläge beisteuert. Es reicht manchmal, einfach nur für den anderen da zu sein und eben aktiv zuzuhören. In einigen Situationen können durch aktives Zuhören und Eingehen auf das Gesagte durch den Zuhörer, neue Perspektiven entstehen. Hin und wieder entsteht auch ein gegenseitiger Austausch über persönliche Erfahrungen, wenn beide Beteiligten ähnliche Erlebnisse hatten. Leider kommt es auch manchmal zu Streit, da gegenseitige Meinungen nicht akzeptiert werden.
Aktives Zuhören bedeutet aber auch Akzeptanz. Es bedeutet, sich Zeit für den anderen zu nehmen. Es verlangt danach, einfühlsam zu sein und sich in die Situation des Sprechers hineinzuversetzen und seine Reaktion, je nach Bedürfnis des anderen zu steuern. Niemals sollte man dabei auf seiner eigenen Meinung beharren und die Autorität des anderen untergraben, sodass aus dem Sprecher ein Schweiger wird.
In meiner jahrelangen beruflichen Laufbahn als Markt- und Motivforscherin habe ich viele Erlebnisse zum Thema „Zuhören“ gemacht. Es war selbstverständlich ein Prozess, das Zuhören und Heraushören von Hintergründen von Sprechern, zu erlernen. Da ich meine berufliche Karriere mit dem Protokollieren von Interviews und Gruppendiskussionen begann, hatte ich eine Vielzahl an Möglichkeiten dazu. Egal, ob es um Konzepte für neue Produkte im Lebensmitteleinzelhandel oder der Beurteilung von Werbespots ging: Es war immer wieder spannend zu hören, wie Konsumenten darüber dachten und welche Verhaltensweisen sie an den Tag legten. Auch die Art der Formulierung löst bis jetzt eine Faszination in mir aus. So nannten diese beispielsweise ihren Bauch einen „aufgeblähten Luftballon“, wenn sie darüber erzählten, wann sie zu probiotischen Joghurts greifen würden. Dementsprechend sind direkte Zitate von Konsumenten für die Herstellerfirmen eine wesentliche Bereicherung, um deren Lebenswelt zu verstehen.
Als qualitativer Marktforscher braucht es jedoch auch ein gutes Fingerspitzengefühl für Menschen. Dazu gehört auch, die richtigen Fragen in den richtigen Situationen zu stellen. Wie diese formuliert werden können, ist ein eigenes Kapitel. Wichtig ist jedoch, in der Fragestellung immer neutral zu bleiben. Die Beziehung zum Gegenüber sollte dabei stets auf einer vertrauensvollen Ebene erfolgen. Zuhören bedeutet nur zu unterbrechen, wenn man tieferliegendere Inhalte zu gerade besprochenen Themen, erfahren möchte. Und eine besondere Herausforderung ist häufig, Gesprächspausen einfach auszuhalten. Gesprächspausen sind eine nonverbale Ergänzung des Gesprächs. Sie dienen dazu, Gedanken zu formulieren, Botschaften des Gesprächs zu verarbeiten oder sich kurz zu sammeln.
Am Ende von Gruppendiskussionen oder Interviews ist es mir nicht selten passiert, dass TeilnehmerInnen auf mich zukamen und sich herzlichst dafür bedankten, dass sie dabei sein konnten. Sie hatten nach langer Zeit wieder einmal das Gefühl, ihre ehrliche Meinung an jemanden, der aktiv zuhört, weitergeben zu können.
Somit war es ein Erfolgserlebnis für drei Seiten:
- den KonsumentInnen, der froh war, dass er reden durfte
- den Interviewer, der sich glücklich schätzte, im Gespräch wirklich in die Tiefe gehen zu können und Inhalte für die Studie zu sammeln
- dem Auftraggeber, der das erste Mal gehört hatte, wie Konsumenten wirklich über seine Produkte/Marken denken, welche Sprache dafür verwendet wird und was das für seine Ausrichtung bedeutet
Sollten wir nicht auch im Privatleben häufiger diese Rolle des qualitativen Forschers einnehmen und Menschen, die das Bedürfnis haben, von ihren Problemen und Erlebnissen zu erzählen, den notwendigen Raum dafür geben inklusive Gesprächspausen? Würde dieses Phänomen in unserem Alltag wieder stärker Einzug halten, so könnte vielleicht die die eine oder andere psychische Erkrankung vermieden werden.
Tipps für aktives Zuhören
- sich auf das Gegenüber voll und ganz konzentrieren/alle Einflüsse durch das Handy/soziale Medien/andere störende Umweltfaktoren vermeiden
- Blickkontakt halten/nicken/durch Füllwörter, wie „Aha“ oder „Ok“ zeigen, dass man dem Gegenüber zuhört
- nur unterbrechen, wenn man zu einem gesagten Thema, etwas Tieferliegenderes herausfinden möchte
- Gesprächspausen tolerieren
- Meinungen tolerieren
- dem Gegenüber vermitteln, dass man seine Situation versteht
- eigene Erlebnisse schildern, um neue Perspektiven aufzuzeigen, aber nicht auf seiner Meinung beharren
- Ratschläge können, aber müssen nicht zwingenderweise gegeben werden